Projektabschluss
Kuwait legt die erste landesweite Abfallwirtschaftsstrategie in der Golfregion vor
Zum ersten Mal wurde in einem Land der Golfregion eine umfassende landesweite Abfallstrategie entwickelt. Das Projekt wurde von der Umweltbehörde (EPA) von Kuwait in Auftrag gegeben. Über einen Zeitraum von fünf Jahren analysierten das deutsche Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) und seine Partner das Abfallaufkommen und -management sowie die 20 größten Deponien in Kuwait. Die Daten wurden zur Entwicklung der Kuwait National Waste Management Strategy 2040 (KNWMS) verwendet. Sie legt den Umsetzungsplan für die nächsten 20 Jahre fest.
Bereits Ende Mai '24 hat Eng. Sameera Al-Kandari, amtierende Generaldirektorin der EPA, allen beteiligten Behörden in Kuwait das KNWMS offiziell vorgestellt. Im Rahmen der Veranstaltung wurde das Projektteam um das Fraunhofer Institut UMSICHT mit einer Auszeichnung für den erfolgreichen Abschluss des Projektes geehrt. »Wir möchten uns bei Fraunhofer UMSICHT und seinen Partnern für die lange und fruchtbare Zusammenarbeit bedanken«, sagt Eng. Sameera Al-Kandari, stellvertretende Generaldirektorin der EPA. »Das Ausmaß des eMISK-Projekts ist in der Region beispiellos. Die offizielle Präsentation des KNWMS 2040 vor den kuwaitischen Behörden und der Öffentlichkeit am 28. Mai 2024 ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu seiner Umsetzung in den kommenden Jahren.«
Abfallerhebung und Datenerfassung
Die erste große Aufgabe des Projekts eMISKWaste (Environmental Monitoring Information System of Kuwait, Domain »Waste«) bestand darin, das aktuelle Abfallmanagementsystem zu verstehen und Abfallmengen und -eigenschaften zu extrapolieren, da es zu Beginn des Projekts nur wenige Berichte und statistische Daten über Abfälle in Kuwait gab. Dazu führte das Team von Fraunhofer UMSICHT 411 Interviews mit Abfallerzeugern und -entsorgern, sortierte 175 Abfallproben auf ihre Zusammensetzung und untersuchte 712 weitere Proben auf ihre chemisch-physikalischen Eigenschaften. Das Team fand heraus, dass das Land im Jahr 2017/18 zwischen 37 und 43 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr erzeugte, einschließlich Bodenaushub und Abfällen aus dem Bergbau. »Die gesammelten Daten geben einen guten Überblick über das Abfallaufkommen und die Entsorgungswege des Landes. Diese Daten bilden die Grundlage für alle strategischen Entscheidungen, die EPA und alle beteiligten Akteure in Kuwait auf der Grundlage unserer Empfehlungen getroffen haben«, sagt Dipl.-Ing. Katharina Reh, verantwortlich für die Abfallerhebung und die Entwicklung des KNWMS. »Allerdings können diese Messungen und Hochrechnungen eine kontinuierliche Abfallerfassung in der Zukunft nicht ersetzen, dessen Einrichtung ein wichtiger Bestandteil des KNWMS 2040 ist.«
Untersuchung und Überwachung von 20 Deponien
Parallel dazu untersuchten das Fraunhofer-Team und seine Partner die 20 relevantesten Deponiestandorte mit einer Gesamtfläche von mehr als 36 km². »Die extreme Größe des Gebietes machte es notwendig, eine integrierte Untersuchungsmethode zu entwickeln, die geophysikalische und geotechnische Methoden kombiniert«, erklärt Projektleiter Dr.-Ing. Peter Degener. Darüber hinaus errichtete das Team Hunderte von Deponiegas- und Grundwassermessstellen, um die Auswirkungen der Deponien auf die Umwelt zu untersuchen. »Wir haben die Auswirkungen jeder einzelnen Deponie auf ausgewählte Schutzgüter bewertet: Luft, Grundwasser, Boden und Bevölkerung. Dabei haben wir festgestellt, dass zehn Deponien ein hohes Risiko für mindestens eines dieser vier Güter darstellen. Um diese Gefahr zu beheben, sind eine kontinuierliche Überwachung und in einigen Fällen auch Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Deshalb ist die Umsetzung des KNWMS 2040 so wichtig«, sagt Peter Degener.
Neu entwickelte Geo-Datenbank
Um die Nutzung der gesammelten Daten aus den Abfallerhebungen und der Deponieerkundung sowie alle zukünftigen Aufzeichnungen zu erleichtern, wurde die bereits bestehende eMISK-Geodatenbank um den Bereich »Abfall« erweitert. Im Rahmen des Projekts wurden 17 neue Web-Anwendungen entwickelt. Diese Anwendungen erleichtern beispielsweise den Datenaustausch zwischen Ministerien, verwalten Behandlungsgenehmigungen oder ermöglichen die digitale Verfolgung von gefährlichen Abfällen.
In einem letzten Schritt wurden die gesammelten Informationen und Instrumente für die Entwicklung der Abfallstrategie selbst verwendet: der KNWMS 2040. »Natürlich ist die Strategieentwicklung ein politischer Prozess. Wir liefern und interpretieren die Daten und geben Empfehlungen, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern. So haben wir beispielsweise zwei bis drei alternative Bewirtschaftungsszenarien für jeden der wichtigsten Abfallströme entwickelt, um die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen verschiedener Ansätze aufzuzeigen«, sagt Lena Bersch, Koordinatorin der Strategieentwicklung. »Gemeinsam mit der EPA und den kuwaitischen Interessengruppen haben wir 28 Ziele entwickelt. Eines der Hauptziele ist die drastische Reduzierung der Deponiequote durch die Festlegung von Quoten für das Recycling sowie die energetisch und sonstige Verwertung für einzelne Abfallströme wie Siedlungsabfälle oder Bau- und Abbruchabfälle. Aber auch andere Abfallströme, die Sanierung von Deponien, die Anpassung der Rechtsvorschriften, der Aufbau von institutionellen Kapazitäten und die Installation einer verbesserten Abfallerfassung wird in den Zielen berücksichtigt«.
Einzigartiges Projekt für die gesamte Golfregion
»Wir sind stolz und dankbar, dass wir dieses ehrgeizige Projekt bearbeiten durften«, sagt Prof. Dr.-Ing. Matthias Franke, Leiter des Institutsteils Sulzbach-Rosenberg von Fraunhofer UMSICHT. »Das eMISK-Waste-Projekt ist wirklich ein einzigartiges Vorzeigeprojekt in der gesamten Golfregion und darüber hinaus, und wir bedanken uns für die lange und fruchtbare Zusammenarbeit mit EPA, den lokalen Akteuren und unseren Partnern«.
Das Konsortium bestand aus der envero GmbH, dem INFA-Institut, der INTECUS GmbH, der Ramboll Group, der BlackForest Solutions GmbH, der Ingenieurgruppe RUK GmbH, der Nordum Academy und TOMM+C sowie Giscon Middle East und Dar Al Bea'a Environmental Consultants.
Atlas zur Abfallwirtschaft in Kuwait
Der Atlas zur kuwaitischen Abfallwirtschaft, der in englischer und arabischer Sprache erhältlich ist, zeigt einige der wichtigsten Ergebnisse dieses Projekts in informativen und leicht zugänglichen Diagrammen und Zahlen. Er veranschaulicht den aktuellen Stand des Abfallaufkommens und der Abfallbewirtschaftung für alle Abfallarten, von Haushaltsabfällen über Bauabfälle bis hin zu gefährlichen Industrieabfällen und von der Sammlung bis zur endgültigen Entsorgung dieser Abfälle.
Außerdem wird der Umweltzustand von 17 Deponien in Kuwait dargestellt, einschließlich des Volumens des Deponiekörpers, der Zusammensetzung und des Sanierungsstatus. Darauf aufbauend stellt der Atlas auch die entwickelte Abfallbewirtschaftungsstrategie vor, mit der künftige Schäden für Mensch und Umwelt vermieden und das Recycling sowie die energetische und sonstige und die Verwertung von Abfällen verbessert werden sollen.
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