Umwandlung von biogenen Abfällen in nachhaltige Energie in Brasilien

Pressemitteilung /

Innovative Technologien sind entscheidend für eine Verringerung des Einsatzes fossiler Ressourcen. Die Partnerschaft zwischen dem ISI Biomass (Senai Biomass Innovation Institute) in Três Lagoas in Brasilien und Fraunhofer UMSICHT will das Nutzungspotenzial biogener Abfälle für die Energieerzeugung in Brasilien erweitern.

© Fraunhofer UMSICHT
TCR2-Laborsystem, das im Rahmen der Kooperation mit Fraunhofer UMSICHT an das ISI geliefert wird.
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TCR 30 Pilotanlage mit einer Kapazität von 30 kg Biomasse pro Stunde, die im Rahmen der Kooperation mit Fraunhofer UMSICHT an das ISI geliefert wird.
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TCR-Großdemonstrationsanlage mit einer Kapazität von 500 kg pro Stunde und integrierter Wasserstoffabscheidung, Bioölveredelung und KWK. Diese Anlage wird von Fraunhofer UMSICHT in Deutschland betrieben.

João Gabriel Marini, Business and Management Manager bei ISI Biomass, erinnert daran, dass das Netzwerk der Senai Innovation Institute in Brasilien durch die Beratung von Fraunhofer unter der Leitung des Fraunhofer IPK angeregt und umgesetzt wurde. »Mit dieser neuen Kooperation haben wir nun die Möglichkeit, die von Fraunhofer entwickelten Technologien für die Forschung nach Brasilien zu bringen. Diese können dann von unserem Team mit lokalen Einsatzstoffen getestet werden.«

Dr. Robert Daschner, Leiter der Abteilung Advanced Carbon Conversion Technologies bei Fraunhofer UMSICHT, sagt: »In einer Industrie, die ohne fossilen Kohlenstoff auskommt, wird Biomasse eine der Kohlenstoffquellen der Zukunft sein. Brasilien verfügt über eines der größten Biomassepotenziale der Welt, insbesondere bei bisher ungenutzten biogenen Reststoffen. Dieses Potenzial kann mit Hilfe unserer Technologie erschlossen werden.«

Das ISI erhält von Fraunhofer zwei Anlagen zur Konversion von Abfallbiomasse in speicherbare Energieträger - eine im Labormaßstab mit einer Einsatzstoffkapazität von 2 Kilogramm pro Stunde, eine im Pilotmaßstab mit einer Kapazität von 30 Kilogramm pro Stunde. Beide Anlagen arbeiten mit der von Fraunhofer UMSICHT erfundenen und patentierten Technolgie des Thermokatalytischen Reformings (TCR). Sie ist in der Lage, Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe und Biodünger aus verschiedenen Arten von Abfallbiomasse zu erzeugen, z.B. aus Klärschlamm, Rückständen aus Biogasanlagen, Holzresten, industriellen Biomasserückständen wie Biertreber oder Schlämmen aus dem Papierrecycling, Stroh und anderen landwirtschaftlichen Rückständen bis hin zu Pferde- oder Rindergülle.

Mehrere Industrieprojekte in Brasilien in Planung

»Wir haben bereits mehrere Projekte in Planung, bei denen diese Technologie zum Einsatz kommen soll, was uns noch mehr zu einer Referenz in der angewandten Forschung zur Umwandlung von Biomasse in Brasilien macht«, betont Marini. Industrieforscher Paulo Renato dos Santos von ISI Biomassa ist überzeugt, dass dadurch verschiedene Projekte ermöglicht werden, die sich auf die Produktion neuer Biokraftstoffe und grüner Chemikalien konzentrieren und verschiedene im Land vorhandene Biomasse-Reststoffe und Abfälle nutzen werden. »Auf diese Weise werden wir die brasilianische Industrie dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen«, betont er.

Die TCR-Technologie ist ein Verfahren, das Biomasse und Abfälle effizient in Öle und brennbare Gase, einschließlich erneuerbaren Wasserstoffs, umwandelt und dabei die im Einsatzstoff enthatene Energie optimal ausnutzt. Es wandelt Biomasse in drei Produkte um: Biokohle, Öl und Synthesegas, aus denen synthetische Kraftstoffe oder Grundstoffe für die chemische Industrie gewonnen werden können. Die vom Fraunhofer-Institut UMSICHT entwickelte und patentierte Technologie ist weltweit einzigartig, insbesondere wegen der hohen Produktqualitäten, die erreicht werden können. TCR-Pilotanlagen unterschiedlicher Größe sind derzeit in Chile, der Schweiz, Italien und Kanada im Rahmen von Forschungsprojekten oder akademischen Kooperationen in Betrieb. Die größte TCR-Demonstrationsanlage mit einer Einsatzstoffkapazität von 12 Tonnen pro Tag wird von Fraunhofer UMSICHT in Deutschland / Bayern betrieben. Sie wurde im Rahmen des EU-Projekts To-Syn-Fuel gebaut.  

Das weltweite Interesse und der fortgeschrittene Entwicklungsstand zeigen das Transformationspotenzial der TCR-Technologie, insbesondere wenn lokale Einsatzstoffe verwendet und der Prozess an diese angepasst wird.

Wasserstoff aus lokaler Biomasse

Ein Ziel der Partnerschaft zwischen ISI Biomassa und Fraunhofer UMSICHT ist die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff aus regionalen Biomassen und Restbiomassen unter Verwendung der TCR-Technologien in Kombination mit einer Vergasung (wofür bereits eine Anlage am ISI Biomassa installiert ist). So soll die Vielfalt verschiedener nationaler Biomassequellen in Brasilien für die Energieerzeugung, Biokraftstoffe und Betriebsmittel erschlossen werden. Mit Unterstützung von Fraunhofer UMSICHT sollen die Technologien für den brasilianischen Kontext angepasst und verbreitet werden. Die TCR-Anlagen, die nach Brasilien gebracht werden, ermöglichen die Evaluierung zahlreicher Rohstoffe, sowohl im Labor- als auch im Pilotmaßstab.

Wasserstoff kann einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Im Falle von grünem Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse mit erneuerbarer Energie erzeugt wird, stellen die hohen Kosten und die Skalierbarkeit der Produktion eine Herausforderung dar. Daher scheinen bigone Reststoffe eine vielversprechende Option zu sein, insbesondere in Anbetracht des landwirtschaftlichen Charakters der Region.

Laut Paulo Santos, Forscher am ISI Biomassa, besteht das übergeordnete Ziel darin, einen Beitrag zur Erweiterung des Wissens und zur Entwicklung von Technologien für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff aus der Verwertung von agroindustrieller Biomasse und Abfällen zu leisten und dabei auch die durch unsachgemäße Entsorgung verursachten Umweltauswirkungen zu minimieren. Die am ISI geplante Technologie hat Potenzial für eine industrielle Skalierung und eine Integration mit anderen im Land zu installierenden Prozessrouten.

Fraunhofer Gesellschaft

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für angewandte Forschung. Ihr Hauptziel ist es, die Lücke zwischen akademischer Produktion und Industrie zu schließen, und sie ist die Inspiration für die Gründung der Senai Innovation Institutes.

Die 1949 gegründete Organisation betreibt angewandte Forschung, die die wirtschaftliche Entwicklung vorantreibt und der Gesellschaft im weiteren Sinne zugute kommt. Sie verfügt über 76 Institute in ganz Deutschland, und ihre Dienstleistungen werden von Kunden und Vertragspartnern aus der Industrie, dem Dienstleistungssektor und der öffentlichen Verwaltung nachgefragt.

In Brasilien hat die Fraunhofer-Gesellschaft mit der Intensivierung der Forschungsaktivitäten der deutschen Regierung verschiedene Möglichkeiten identifiziert, neue Projekte in Partnerschaft mit lokalen Unternehmen und Organisationen zu starten. Aufgrund der wachsenden brasilianischen Nachfrage nach innovativen Spitzentechnologien sah die Fraunhofer-Gesellschaft ein großes Potenzial auf dem Markt für die Einführung von technologischen Lösungen und Forschungsaktivitäten.

Das Fraunhofer Institut für Umwelt, Sicherheit und Energietechnik

Fraunhofer UMSICHT ist Vorreiter auf dem Weg zu einer nachhaltigen Welt. Mit Forschung zu Kreislaufwirtschaft, Kohlenstoffmanagement, grünem Wasserstoff und lokalen Energiesystemen leistet es konkrete Beiträge zur Erreichung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen.

Fraunhofer UMSICHT entwickelt innovative, industriell umsetzbare Technologien, Produkte und Dienstleistungen für die Kreislaufwirtschaft und bringt sie zur Anwendung. Im Fokus steht dabei die Balance von wirtschaftlich erfolgreichen, sozial gerechten und nachhaltigen Entwicklungen.

Das Institut ist an drei Standorten in Deutschland vertreten. Im Jahr 2021 erwirtschaftete Fraunhofer UMSICHT mit 608 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 57,8 Millionen Euro

 

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