Biokraftstoffe mit Strom boostern
Synergien durch Integration von Biomassenutzung und Power-to-X in der Produktion erneuerbarer Kraftstoffe
Zu Jahresbeginn startete das Projekt »SynergyFuels« unter Koordination der Technischen Universität München (TUM), an dem Fraunhofer UMSICHT mit der Anwendung thermochemischer Konversionsprozesse für Reststoffe beteiligt ist. Das Bündnis aus Forschungsinstitutionen und Unternehmen möchte den ökologischen Fußabdruck des Verkehrssektors senken. Dazu entwickeln die Beteiligten ein Raffineriekonzept, um erneuerbare Kraftstoffe im Tonnenmaßstab für eine Vielzahl von Anwendungen zu produzieren. Die Forschenden kombinieren dafür die Herstellung von E-Fuels mit der von fortschrittlichen Biokraftstoffen.
In Deutschland stehen verschiedene Technologien wie Brennstoffzellen, Batterien oder erneuerbare Kraftstoffe bereit, um CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu minimieren.
Die Elektromobilität alleine reicht nicht aus, um den Verkehr klimaneutral zu gestalten. Bestandsflotten sowie schwer zu elektrisierende Anwendungen etwa in der Schiff- und Luftfahrt benötigen noch auf lange Zeit erneuerbare Kraftstoffe in großen Mengen.
Erneuerbare Kraftstoffe ganzheitlich gedacht
Bei der Herstellung von E-Fuels, also unter Anwendung von erneuerbarem Strom und CO2 produzierte synthetische Kraftstoffe, bestehen in der nachhaltigen Bereitstellung von Kohlenstoff noch Herausforderungen – ebenso bei fortschrittlichen, aus biogenen Reststoffen hergestellten Biokraftstoffen. Diese sind in der Nutzung von Kohlenstoff wenig effizient, weil bis zu 50 Prozent des in der Biomasse verfügbaren Kohlenstoffes bei der Umwandlung zu Kraftstoffen als CO2 verloren geht. Dies vergrößert den Rohstoffbedarf.
Im neuen Verbundprojekt »Synergy Fuels« wollen die Forschenden diese Herausforderungen meistern, indem sie E-Fuels- mit Biokraftstoff-produzierenden Demonstrationsanlagen zusammenschalten. »Die stoffliche und energetische Integration der Synthesen von E-Fuels und Biokraftstoffen schafft Synergien: Die Nutzung von erneuerbarem Strom zur Umwandlung von CO2 zu flüssigen Kraftstoffen erhöht die Kohlenstoffeffizienz der biotechnologischen Verfahren. Zudem ermöglicht die langfristige Kohlenstoffbindung in Form des Nebenprodukts Pflanzenkohle sogar negative CO2-Emissionen, also eine netto Kohlenstoffabscheidung aus der Atmosphäre«, sagt Projektkoordinator Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger, Professor für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit.
So nutzt der Verbund Abwärme aus den (thermo-)chemischen Synthesen (z.B. der Methanolsynthese) für die Produktaufarbeitung. Wesentlich ist auch die Bereitstellung von biogenem CO2 für die Methanolsynthese sowie von biogenem Wasserstoff durch die thermochemische Konversion von Biomassereststoffen. Dadurch werden die Nutzung fossiler CO2-Quellen, beispielsweise durch die Verbrennung von Kohle oder Erdgas, oder eine aufwändige CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre umgangen.
Im Projekt optimiert Fraunhofer UMSICHT thermochemische Konversionsverfahren für die Verwertung von biogenen Reststoffen (u.a. das Thermo-Katalytische Reforming TCR) und passt es für die Kopplung mit Power-to-X-Prozessen an. Hierzu zählt die Verbesserung der Produktqualität des Bioöls, als auch die Aufbereitung und Abtrennung von biogenen Synthesegasen oder biogenem Wasserstoff. Des Weiteren sollen auch die Einsatzstoff-Möglichkeiten für die thermochemischen Konversionsverfahren vergrößert werden, so dass eine Markteinführung erleichtert wird.
Dr. Ing. Robert Daschner von Fraunhofer UMSICHT am Institutsteil in Sulzbach-Rosenberg: »Bei UMSICHT arbeiten wir im Projekt intensiv an der Weiterentwicklung von thermochemischen Konversionsverfahren zur Nutzung von biogenen Reststoffen. Damit können wir sowohl Bioöl als Intermediat für nachhaltige Kraftstoffe als auch Wasserstoff und Kohlendioxid als Co-Produkt für die Power-to-X Route bereitstellen«.
Schnelle Markteinführung der produzierten Kraftstoffe
»Wir benötigen hocheffiziente Verfahren, um nachhaltige Drop-in-Kraftstoffe in industriellen Mengen zu vertretbaren Preisen herzustellen. Unser Verbund pilotiert diese Verfahren, damit eine schnelle Markteinführung der neuen Kraftstoffe gelingt«, sagt Prof. Burger. Drop-in bedeutet, dass die Kraftstoffe nahtlos dem bestehenden Kraftstoffpool zugemischt werden können und so die fossilen Kraftstoffe ersetzen, ohne die Motoren technisch zu ändern.
In den Raffinerieverbund werden in den nächsten vier Jahren neun Syntheseanlagen in Ostbayern integriert, darunter bestehende in Straubing und Sulzbach-Rosenberg. Diese Anlagen produzieren eine breite Palette von erneuerbaren Kraftstoffen im Tonnenmaßstab. Die Projektbeteiligten überprüfen deren physikalische Eigenschaften wie Schmierfähigkeit oder Kälteverhalten. Anwendungspartner aus den Bereichen Luft- und Schifffahrt sowie Fahrzeuge und mobile Maschinen demonstrieren die Eignung der Kraftstoffe im Realbetrieb.
An dem Projekt »Synergien durch Integration von Biomassenutzung und Power-to-X in der Produktion erneuerbarer Kraftstoffe (Synergy Fuels)« beteiligen sich neben der TUM und dem Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) auch das Technologie- und Förderzentrum (TFZ), das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) sowie die Industrieunternehmen Clariant Produkte GmbH, Martech GmbH und Volkswagen AG.
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben über die Förderlinie »Maßnahmen zur Entwicklung regenerativer Kraftstoffe« mit insgesamt 13,6 Millionen Euro.
Letzte Änderung: