Vom Bauernhof zum Markt: Umwandlung von Tierdung in Düngemittel
EU Projekt FERTIMANURE
Mehr als 90 Prozent der von den Viehzuchtbetrieben in der EU produzierten Gülle wird für die Bodendüngung verwendet. Dieser Prozess ist jedoch ineffizient, da die Nährstoffe nicht gezielt ausgebracht werden können. Das von der EU mit 7,78 Mio. EUR finanzierte Projekt FERTIMANURE wird fortschrittliche Gülle- und Nährstoffmanagement-Strategien entwickeln, testen und validieren, die es ermöglichen, wettbewerbsfähige Düngemittel mit guten Ertragseigenschaften zu produzieren.
Im Schwerpunkt des Projekts sollen Nährstoffe aus Viehdung recyclt und daraus biobasierte Düngemittel hergestellt werden. Damit wird das Ziel verfolgt, ein abfallfreies Güllemanagement für den EU-Viehzuchtsektor zu entwicklen und die großen Mengen an nährstoffreicher Rest-Biomasse aus dem Dung zu nutzen.
Fraunhofer UMSICHT ist für die Umsetzung des deutschen Pilotprojekts zur Nährstoffrückgewinnung aus Rinderdung verantwortlich. Das Pilotprojekt wird eine Reihe von Technologien von der Vorbehandlung des Dungs über die thermo-chemische Umwandlung bis hin zur endgültigen Düngerproduktion kombinieren und weiterentwickeln. Kernstück des Umwandlungsprozesses ist die am Fraunhofer UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg entwickelte Technologie des thermo-katalytischen Reforming (TCR Verfahren).
Die innovative Prozesskette wird die Stickstoffrückgewinnung und Phosphorverwertung aus dem Rindermist maximieren und diesen in den Rohstoffdünger Ammoniumphosphat umwandeln. Zusätzlich wird phosphorreiche Biokohle produziert. Die Düngeleistung der Pilotprodukte wird in den Gewächshausanlagen von Fraunhofer UMSICHT getestet. Um eine möglichst große Wirkung der Projektergebnisse zu gewährleisten, werden alle Aktivitäten von einer detaillierten Nährstoffbilanz der Prozesskette, einer Nachhaltigkeitsbewertung als Verwertungsstrategie und einer gemeinsamen Geschäftsentwicklung im FERTIMANURE-Konsortium begleitet.
FERTIMANURE wird hauptsächlich in fünf der größten Tierproduktionsländer der EU durchgeführt, nämlich in Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Spanien. Dort werden Pilotanlagen errichtet.
Insgesamt arbeiten 20 Projektpartner aus 7 EU Ländern und Argentinien über einen Zeitraum von 48 Monaten zusammen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, ein Kreislaufwirtschaftsmodell für den EU-Landwirtschaftssektor zu fördern und die Abhängigkeit der EU von begrenzten Ressourcen wie Rohphosphat zu verringern.
Projektupdates
Gewinnung von Ammoniumphosphat und phosphorreicher Biokohle als Produkt des Pyrolyse-Verfahrens
Update 02/2024
Im Projekt FERTIMANURE produziert man aus Rinderdung durch das Verfahren ein Gas für die Gewinnung des Ammoniumphosphats, eine phosphor- und kaliumreiche Biokohle und ein Öl, woraus Energieträger hergestellt werden können (wie z.B. Kraftstoff).
Durch die verwendete pyrolysebasierte Technologie mit einem nachgeschalteten Reformingschritt, erhält man Karbonisate, häufig bezeichnet als Pflanzen- oder Biokohlen, mit hoher Qualität. Durch den Reformingschritt wird zum einen die Qualität von Öl und Gas erhöht, wodurch eine gezielte Rückgewinnung von Ammoniak aus dem Gas möglich wird. Zum anderen weist die so erzeugte Biokohle besonders niedrige Schadstoffgehalte auf, welche alle unter den Grenzwerten des Europäischen Biokohlezertifikats liegen. Zusätzlich weisen die durch das TCR-Verfahren erhaltenen Karbonisate niedrige Wasserstoff zu Kohlenstoff und Sauerstoff zu Kohlenstoff-Verhältnisse auf. Dies ist ein Indikator für besonders hohe Stabilität des in der Biokohle enthaltenen Kohlenstoffs.
Am Institutsteil Sulzbach-Rosenberg befinden sich verschiedene Pyrolyseanlagen für die Konversion von Biomassen vom Labor- bis in den großtechnischen Maßstab, beispielsweise mit einem Durchsatz von 2, 10, 30 und 500 kg pro Stunde. Dadurch können in Versuchskampagnen sowohl kleine als auch große Mengen an Einsatzstoff verarbeitet und entsprechende Mengen an Pflanzenkohle erzeugt werden. Im Folgenden sind zwei der institutseigenen Anlagen und die gewonnen Produkte dargestellt.
Der Projektversuch zeigt, dass die Bodenanwendung der Biokohle den gleichen Ertrag liefert, wie eine synthetische Volldüngung. Im Rahmen der Studie konnte auch festgestellt werden, dass die Aufnahme von Stickstoff und Phosphor aus den biobasierten Düngemitteln ebenso effizient, wie die aus der vollsynthetischen Düngung ist. Eine Besonderheit stellt bei dem so erhaltenen biobasierten Produkt der enthaltene Kohlenstoff dar, welcher aktiv zu einer Verbesserung des Bodens beitragen und gleichzeitig eine Kohlenstoffsenke schaffen kann.
Wissenschaftlerin Dr. Sophie Schönfeld: »Häufig wird der Einsatz von Biokohle aus Reststoffen kontrovers diskutiert, da man keine potenziell gefährlichen Stoffe auf die Felder bringen will. Wir konnten durch die intensive Analyse unserer Produkte nachweisen, dass durch das Verfahren eine hochwertige Biokohle, welche alle Grenzwerte einhält und zusätzlich noch düngende Eigenschaften aufweist, erzeugt wurde«.
Nachhaltige Bodenverbesserung durch Biokohle
Zudem erforschte Fraunhofer UMSICHT im Projekt Interpyro den Einsatz der Pflanzenkohle, die aus dem TCR®-Verfahren gewonnen wird, im Feldversuch. In diesem Projekt verbinden sich Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Wertschöpfung mit Klimaschutz. Die zusätzlich entstehenden Produkte wie Gas und Öl, können auch hier als Energiequelle genutzt werden. Im Rahmen des Projekts wurden drei Pflanzenkohleversuchsfelder eröffnet, darunter eine Testfläche am Ginsterweg in Wolmirstedt. Die 30x3 Meter große Anbaufläche wurde in Kapuzinerkresse, Petersilie, Lavendel, Geranium, Johannisbeersträucher, Apfelbäumchen, Zucchini und Kürbispflanzen aufgeteilt. Ein Bereich erhielt vor der Bepflanzung TCR® Pflanzenkohle mit Rindermist, ein zweiter Rindermist allein, und der dritte blieb unbehandelt. In Bernburg-Strenzfeld erfolgte ein ähnliches Vorgehen. Nach drei Monaten zeigten sich Unterschiede: Die beladene Pflanzenkohle verbesserte den Humusgehalt um 7,4 Prozent, das Wasserspeichervermögen um 6,1 Prozent und das Nährstoffspeichervermögen um 11 Prozent im Vergleich zur Kontrollfläche.
TCR®-Verfahren als Weichensteller für die Produktion biobasierter Düngemittel
Die Forschungsergebnisse der beiden Projekte zeigen deutlich, dass der Einsatz des TCR®-Verfahrens zur Produktion biobasierter Düngemittel ein großes Potenzial hat. Gerade in Regionen mit einer Überproduktion an Gülle und Mist können mit dem Verfahren die Nährstoffe Stickstoff, Kalium und Phosphor durch die Produktion der lagerfähigen, biobasierten Düngemittel gezielt und bedarfsgerecht eingesetzt und so im Nährstoffkreislauf gehalten werden. Im Projekt Interpyro konnte gezeigt werden, dass auch andere Reststoffe durch die Verarbeitung mit dem TCR-Verfahren aufgewertet werden können. So konnten - neben der Gewinnung von Energie - auch hochwertige Karbonisate/Pflanzenkohlen erzeugt werden. Der Einsatz dieser Kohlen in der Landwirtschaft, stellt einen vielversprechenden Ansatz zur Ertragssteigerung landwirtschaftlicher Erzeugung unter Trockenstressbedingungen dar.
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